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Hilfen zur Erziehung

Individuelle, intensive und längerfristige Hilfen - bei Erziehungsproblemen und zur Persönlichkeitsentwicklung

Manche Eltern brauchen einen gewissen Zeitraum eine intensivere Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder, wenn sie mit diesen alleine nicht zurechtkommen oder überfordert sind. Das Jugendamt vermittelt Unterstützungsmaßnahmen, so genannte Hilfen zur Erziehung, wenn es einen Hilfebedarf feststellt.

Wer bekommt Hilfen zur Erziehung?

Nach dem Gesetz haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung für sich und ihr Kind, wenn sie diese benötigen.

Dies ist immer dann der Fall, wenn eine Erziehung zum Wohle der Kinder nicht mehr gewährleistet ist. Durch den Einsatz dieser Hilfen soll sichergestellt werden, dass Kinder ausreichend versorgt und gefördert werden. Für junge Volljährige gibt es Hilfen zur Verselbständigung.  

Wer diese Hilfen in Anspruch nehmen möchte, kann sich an das Jugendamt wenden. Wenn das Jugendamt Unterstützungsbedarf sieht, kann es auch von sich aus auf die Eltern zugehen und die Inanspruchnahme von Hilfen empfehlen. Ob Eltern diese Hilfen annehmen wollen, entscheiden sie selbst.

 

Wann kommen Hilfen zur Erziehung in Frage?

Hilfen zur Erziehung werden in Familien eingesetzt, wenn diese ihre Probleme nicht mehr ohne Hilfe von außen bewältigen können.

Das Jugendamt vermittelt Hilfen zur Erziehung, wenn Eltern, Kinder und Jugendliche selbst die familiäre Situation als problematisch einschätzen. Manchmal regen auch die Kindertageseinrichtung, die Schule, die Polizei etc. an, dass die Familie eine solche Unterstützung erhalten sollte.

Erziehungshilfen werden vom Jugendamt vermittelt, wenn

  • die Familien durch Beziehungskonflikte, durch langanhaltende Arbeitslosigkeit oder dauerhafte Armut geprägt sind und die Kinder deshalb nicht angemessen unterstützt und versorgt werden
  • bei einem oder bei beiden Elternteilen eine psychische Erkrankung oder ein Suchtproblem auftritt
  • Eltern mit der Erziehung allein nicht mehr zurechtkommen und Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen oder Verhaltensauffälligkeiten wie z. B. aggressivem, selbstverletzenden oder depressiven Verhalten reagieren
  • Kinder oder Jugendliche mit großen Lernschwierigkeiten zu kämpfen haben und vielleicht immer wieder die Schule schwänzen
  • junge Volljährige über das 18. Lebensjahr hinaus Hilfen zur Persönlichkeitsentwicklung und für den Weg in die Selbständigkeit benötigen

 

Was passiert bei einer Hilfe zur Erziehung?

Hilfen zur Erziehung bieten sozialpädagogische Unterstützung, die es Familien ermöglicht, ihre Probleme besser zu bewältigen.

In der Regel geht es um eine intensive und längerfristige Hilfe, die individuell auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten wird und ambulant (im Lebensumfeld der Familien oder jungen Menschen) oder stationär (an einem anderen Ort wie einer Wohngruppe oder Pflegefamilie) erbracht wird.

Die sozialpädagogischen Fachkräfte der Hilfen zur Erziehung

  • helfen Eltern in aktuell schwierigen Lebenssituationen, z. B. bei Erziehungsschwierigkeiten, bei Verhaltensauffälligkeiten der Kinder, in Familienkrisen wie Streit und Auseinanderbrechen der Familie, bei Vernachlässigung und Gewalt
  • unterstützen Eltern bei Fragen und Problemen in der Erziehung und Organisation des Alltags
  • helfen Kindern und Jugendlichen in ihren Familien, mit ihren Freunden und mit der Schule klarzukommen
  • vermitteln bei Bedarf auch einen Lebensort außerhalb der eigenen Familie, z. B. in einer Pflegefamilie oder einer stationären Einrichtung und bieten so Kindern und Jugendlichen Schutz vor seelischer, körperlicher und sexueller Gewalt

 

Wie bekommt man Hilfen zur Erziehung beim Jugendamt?

Hilfen zur Erziehung werden auf Antrag der Eltern vom Jugendamt gewährt.

Mit Erziehungsfragen können sich Kinder und Jugendliche, Mütter und Väter direkt an eine Erziehungsberatungsstelle wenden. Wenn sie intensivere Unterstützung durch eine Hilfe zur Erziehung in Anspruch nehmen wollen, können sie diese beim Jugendamt beantragen.
Die Fachkraft im Jugendamt erkundet mit den Eltern und ihren Kindern, ob mit einer Hilfe zur Erziehung die Situation für die Kinder oder Jugendlichen verbessert werden kann. Die Hilfe wird sehr individuell auf die Bedarfe und Probleme in der Familie zugeschnitten. Es gilt herauszufinden, welche Hilfe die richtige ist. Diesen Prozess nennt man Hilfeplanung.
Die Hilfen selbst werden in der Regel nicht vom Jugendamt durchgeführt, sondern von sogenannten freien Trägern der Jugendhilfe (wie kirchlichen oder sozialen Organisationen). Eltern können selbst zwischen verschiedenen Anbietern wählen, wenn diese vergleichbare Angebote machen und damit keine höheren Kosten entstehen stationären Hilfen in der Regel der Fall.

Kann das Jugendamt Eltern verpflichten, Hilfen zur Erziehung in Anspruch zu nehmen?

Eine Pflicht zur Inanspruchnahme von Hilfen gibt es nicht.

Das Jugendamt kann die Eltern oder die jungen Volljährigen nicht zur Annahme der Hilfe verpflichten. Die Inanspruchnahme der Hilfe ist grundsätzlich freiwillig. Hilfen können nur funktionieren, wenn sich Mütter und Väter und auch die jungen Menschen selbst auf die Unterstützung durch die Fachkräfte einlassen können.

Nur bei einer Kindeswohlgefährdung kann Eltern die Annahme einer Hilfe durch das Familiengericht auferlegt werden.

Wer trägt die Kosten für die Hilfen zur Erziehung?

Alle ambulanten Hilfen zur Erziehung sind kostenfrei für Eltern und für junge Volljährige.

Bei teilstationären und stationären Hilfen sind die leiblichen Eltern, die während der Zeit der Unterbringung den Unterhalt ersparen, verpflichtet, sich an den entstehenden Kosten – gestaffelt nach ihrem Einkommen – zu beteiligen. Ist ihr Einkommen zu gering, haben sie zumindest einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu leisten.

Bei jungen Volljährigen, die teilstationäre oder stationäre Hilfe in Anspruch nehmen, werden neben dem Einkommen auch die Vermögensverhältnisse geprüft, z. B. ob sie über eine Erbschaft verfügen.

Weitere Informationen

Bedeutung der Hilfen zur Erziehung

In Deutschland sollen alle jungen Menschen gut aufwachsen können. Deshalb haben sie ein Recht auf Erziehung und auf Förderung ihrer Entwicklung.

Kinder brauchen verlässliche Bezugspersonen, die sich um ihre Versorgung (mit Nahrung, Kleidung usw.) kümmern und ihnen Sicherheit, Bindung und Orientierung geben. Sie benötigen ein soziales Netz und Anerkennung, um zu erfahren, dass sie etwas wert sind und selbst etwas bewirken können.

In der Regel sind es die Mütter und Väter, die ihren Kindern diesen Rahmen bieten und für die notwendige Erziehung und Entwicklungsförderung sorgen. Erziehung ist aber eine herausfordernde Angelegenheit. Nicht immer schaffen es Eltern(teile), auf alle Grundbedürfnisse ihrer Kinder angemessen einzugehen. Damit Kinder sich auch unter schwierigen Bedingungen altersgerecht entwickeln können, gibt es die Hilfen zur Erziehung.

Ziele der Hilfen zur Erziehung

Das Ziel der Hilfen zur Erziehung ist es, das Aufwachsen und Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen auch in schwierigen Lebenssituationen zu ermöglichen.

Die Hilfen zur Erziehung sollen Eltern helfen, die Verantwortung für die Erziehung der Kinder wieder selbst in die Hand zu nehmen. Die Hilfe wird so lange zur Verfügung gestellt, bis die Eltern möglichst wieder alleine mit ihren Kindern klarkommen. Kindern und Jugendlichen wird bei der Persönlichkeitsentwicklung geholfen. In manchen Fällen ist es notwendig, dass Kinder und Jugendliche an einem anderen Lebensort (Pflegefamilie, stationäre Hilfen) aufwachsen können, weil sie vorübergehend oder auf Dauer nicht bei ihren Eltern leben können. Ältere Jugendliche und junge Volljährige werden beim Sprung in die Selbständigkeit unterstützt, wenn Eltern diese Unterstützung nicht leisten können.

Arten von Hilfen zur Erziehung

Jede Familie ist anders, und es ist sehr unterschiedlich, was alle Beteiligten sich an Unterstützung erhoffen. Deshalb ist es wichtig, aus verschiedenen Hilfeformen auswählen zu können und die Hilfe zu vermitteln, die für die individuellen Probleme am geeignetsten erscheint.

Es gibt ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen zur Erziehung, die zwar von Jugendamt vermittelt und zum größten Teil finanziert werden, aber in der Regel von freien Trägern der Erziehungshilfen (AWO, Caritas, Diakonie, Der Paritätische, Rotes Kreuz, private Träger) angeboten werden.
Ambulante Hilfen finden unmittelbar im sozialen Umfeld einer Familie statt, d. h. die Fachkraft besucht die Familie zu Hause oder begleitet Jugendliche in ihrem Alltag. In teilstationären Angeboten verbringen die Kinder (manchmal auch mit ihren Eltern) einen großen Teil ihres Alltags in einer Einrichtung außerhalb des Elternhauses, werden dort versorgt und erhalten Anleitung in persönlichen, sozialen oder schulischen Fragen. Bei stationären Angeboten leben die Kinder und Jugendlichen vorübergehend oder auf Dauer außerhalb ihres Elternhauses, z. B. in einer Pflegefamilie oder einer Wohngruppe.
Da der Hilfebedarf eines jeden jungen Menschen und einer jeder Familie sehr unterschiedlich sein kann, ist das Spektrum der Hilfen zur Erziehung im Gesetz nicht abschließend beschrieben und kann flexibel gestaltet werden. Die Fachkraft im Jugendamt entwickelt gemeinsam mit den Betroffenen ein Konzept und kann dazu auch neue Hilfeformen oder eine Kombination der Hilfen vermitteln.

Beratung, Begleitung, Betreuung

Hilfen zur Erziehung sind langfristige oder intensive Hilfen für Familien und junge Volljährige.

Beratung
Eltern werden von einer sozialpädagogischen Fachkraft in Fragen zur Erziehung und Alltagsgestaltung mit den Kindern beraten. Sie können in den Beratungsgesprächen eigene Stärken erkennen, ihr Verhalten reflektieren und Lösungen finden. Auch Kinder und Jugendliche können sich zu ihren Fragen und Problemen im Elternhaus, in der Schule, im Freundeskreis etc. beraten lassen.


Begleitung
Die sozialpädagogische Fachkraft begleitet die Familien oder einzelne Familienmitglieder im Alltag. Sie geht z. B. mit der Mutter oder dem Vater gemeinsam zu einer Behörde oder mit ihnen in ein Gespräch mit der Lehrerin oder dem Lehrer des Kindes. Auf diese Weise können die Eltern lernen, zukünftig auch ohne Hilfe solche Termine wahrzunehmen. Kinder und Jugendliche, die mit ihrem Verhalten Schwierigkeiten haben oder schwierige Lebenssituationen bewältigen müssen, können auch an Gruppenangeboten teilnehmen – und hier beispielsweise lernen, mit Konflikten umzugehen, eigene Gewalterfahrungen zu verarbeiten oder mit der Trennung ihrer Eltern klarzukommen.


Betreuung
Sozialpädagogische Fachkräfte übernehmen den Teil der Verantwortung, den die Eltern nicht selbst tragen können, und betreuen z. B. die Kinder in einer sozialpädagogischen Tagesgruppe. Dort werden sie im Anschluss an die Schule bis zum Abendessen sicher versorgt und in persönlichen, sozialen und schulischen Fragen angeleitet.
Wenn Kinder vorübergehend oder auf Dauer nicht in ihren Familien leben können, werden sie – im Rahmen von stationären Erziehungshilfen – in Wohngruppen, Pflegefamilien oder ältere Jugendliche auch in eigenen Wohnungen betreut.

Hilfeplanung

Hilfeplanung ist der Prozess, in dem die richtigen Hilfen für Eltern oder junge Menschen ausgewählt, gewährt und begleitet werden Für diesen Prozess ist das Jugendamt zuständig. Dafür finden in der Regel mehrere Gespräche mit den Sorgeberechtigten und / oder den jungen Menschen statt.

Im Laufe der Hilfe überprüft das Jugendamt immer wieder mit allen Beteiligten, ob die Eltern und die jungen Menschen mit der Unterstützung ihren Zielen näherkommen. Dazu finden regelmäßig weitere Hilfeplangespräche statt. Es kann durchaus sinnvoll sein, eine Hilfe im Verlauf zu verändern, z. B. wenn alle Beteiligten der Ansicht sind, dass durch eine ambulante Hilfe die Situation für die Kinder nicht nachhaltig verbessert wird und deshalb die Unterbringung in einer Pflegefamilie oder Einrichtung geeigneter ist.

 

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